Ob Liebeskummer, Todesfall oder Jobverlust – beim Anblick eines traurigen Menschen fehlen uns oft die Worte, v.a. wenn es sich um einen nahestehenden handelt. Sogar noch schwerer tun wir uns dabei, uns selbst zu trösten. Doch Trost ist wichtig, um eine wertvolle Stütze in einer schwierigen Situation zu sein und wieder Mut zu schenken. In diesem Artikel erfährst du, welche Reaktionen und Worte du beim Trösten vermeiden solltest und wie du sowohl andere als auch dich selbst richtig tröstest.
Das solltest du beim Trösten vermeiden – 8 große Fehler
Eine kleine Geschichte, die mich oft begleitet, wenn ich zum Trost ansetzen will:
Ein junger Mann kommt zu seiner Schwester, die Therapeutin ist: Schwesterlein, ich bin so fertig, meine Freundin hat mich verlassen- was soll ich bloß tun? Die Schwester konnte es nur schwer ertragen ihren Bruder so leiden zu sehen. Ihre Antwort war: Lieber Bruder, möchtest du einen Rat oder möchtest du, dass ich ein wenig mit dir leide?
„Liebe Schwester, leide doch bitte mit mir“.
Trösten wird oft verwechselt mit „komm, wir ändern das jetzt!“ Unsicherheiten bieten sich auf beiden Seiten und eine Garantie gibt es nicht. Hier möchte ich dich für die häufigsten Fehler sensibilisieren, wie deine gute Absicht auch nach hinten losgehen kann.
1. „Das ist doch nicht so tragisch“
Wir wollen Mut machen, keinen Zweifel. Doch ist dein Mitmensch gerade traurig oder verzweifelt, fühlt sich das für ihn sehr tragisch an. Mit diesem Satz könntest du den Eindruck vermitteln, dass dein Gegenüber keinen Grund hat traurig zu sein. Zu oft legen wir unseren eigenen Maßstab an. Hilfreicher ist, du nimmst deinen Gegenüber ernst, wie er es gerade fühlt.
2. „Das wird doch wieder gut“
Bist du dir sicher? Mache dem anderen besser nicht diese Hoffnungen, vielleicht kannst du sie nicht halten. Unterstützender ist es, zu erinnern, dass es auch andere Momente in seinem Leben gibt, die ihn stärken können.
3. „So war es bei mir auch“
Das mag sein, es ist ein Ausdruck, dich solidarisch zu fühlen. Doch hilft das deinem Gegenüber in diesem Moment aus seinem Schmerz? Es könnte das Missverständnis entstehen, dass es um dich und deine Geschichte geht und du ablenken möchtest.
4. “Du tust mir so leid“
Autsch! Kennst du einen Menschen, der gerne bemitleidet wird? Wie ein kleines, armes Menschlein? Diese weit verbreitete Floskel verleitet dazu, dass der Betroffene sich noch hilfloser und klein fühlt. Hilfreicher kann es sein, wenn du Anteil an seinen Gefühlen zeigst: “ Es tut mir leid, dass…….“
5. Krampfhaft die Stimmung aufhellen
Humor und Lachen haben eine entlastende Wirkung, ja. Dennoch prüfe, ob es gerade passend ist. Manchmal ist es so, dass du es selbst nicht so gut aushalten kannst, dass dein Gegenüber gerade traurig ist und über dieses Gefühl hinweg wischen möchtest.
6. Zu früh Ratschläge geben
Gefühle brauchen Zeit, um sich zu legen. Haben sie Oberwasser und dominieren unser Erleben, ist die Führung durch den Kopf ausgeschaltet. Wir denken nicht mehr rational und können selbst gute Ideen nicht verarbeiten. Warum bzw. wann unser Reptiliengehirn so tickt, habe ich hier beschrieben. Besser, du gibst deinen Gefühlen erst einmal Raum. Lösungen kommen später. Du kannst auch, wie in meinem Beispiel zu Anfang einfach nachfragen, ob ein Ratschlag hilfreich und gewünscht wäre.
7. Totschweigen und übergehen
Ist es eindeutig, dass eine Situation schmerzhaft ist, sollten wir nicht so tun, also ob…
Häufig hat es eher mit unserer eigenen Unsicherheit zu tun, warum wir solche Momente übergehen wollen. In amerikanischen Spielfilmen klingt das leicht: an jeder passenden Stelle wird gefragt „willst du drüber reden?“ Schön, wenn Menschen zu Offenheit bereit sind. Manche leiden eher still und unmerklich, was nicht gleichzeitig bedeuten muss, dass ihnen Anteilnahme nicht gut tut. Übergehen wir die Stimmung des anderen, kann er sich am falschen Platz fühlen.
8. Sich von den Kindern trösten lassen
Kinder sind in gar keinem Fall ein geeigneter Tröster. Sie spüren auch ohne Worte, wenn Papa oder Mama traurig sind und nehmen unbewusst die Aufgabe des Tröstens. Bitte entlasse sie umgehend aus dieser Pflicht: es ist keine Schande Gefühle zu haben, dazu darfst du stehen. Mache aber deutlich, dass du als Erwachsener weißt, wie du dir helfen kannst. Damit schaffst du wichtige Grenzen, die ein gesundes Eltern-Kind Verhältnis dringend benötigt. Gleichzeitig zeigst du deinem Kind Akzeptanz und einen konstruktiven Umgang mit negativen Gefühlen. Wenn du selbst die Kraft nicht hast, hole dir Hilfe!
Der beste Weg jemanden zu trösten
Stolperfallen bestehen häufig, wenn große Gefühle aufbrechen. Wir sind als Außenstehende oft verunsichert, die gute Balance zu finden von Anteilnahme und Distanz. Hier gebe ich dir ein paar Hinweise, die dir als gute Orientierung helfen können.
1. Sei da
Wir finden nicht immer passende Worte oder das Richtige Maß. Doch eine Sache kannst du ohne vieler Worte tun: Sei einfach da. Es sind vielmehr kleine Gesten und Angebote, ein aufrichtiges Interesse und Anteilnahme, die Trost spenden: eine kleine Nachricht, ein Angebot oder auch praktische Unterstützung.
2. Sei offen
Es ist ganz normal auch selbst verunsichert zu sein. Sprich es ruhig aus. Das macht dich einfach menschlich und authentisch. Es kann dein Gegenüber bestärken, dass nicht nur er gerade in seinem Leben schwankt. „Mir fehlen die Worte, sag, wie kann ich dich unterstützen?“ Diese Frage kann eine solche Offenheit signalisieren.
3. Lass den Gefühlen Raum
Alles darf sein. Menschen, die gerade traurig sind, können chaotisch wirken. Zwischen Wut und Tränen. Ein Wechselbad der Gefühle bricht auf. Das mag dich verunsichern, ist aber völlig normal. Es ist ok! Kannst du diese Haltung vermitteln, fühlt sich dein Gegenüber angenommen und muss sich nicht für seinen Gefühlsausbruch schämen.
4. Unterstütze bei der Lösungsfindung
Wie ich schon gesagt habe, sind Menschen, die gerade in Gefühlsbäder eintauchen weder logisch noch besonders rational. Sucht gemeinsam behutsam nach Wegen, mit der Situation umzugehen und erste Ansätze ins Auge zu fassen. In welcher Phase das besonders wichtig ist, wann die Lösungssuche einsetzt, lies gerne hier noch einmal nach: die Phasen der Krise.
Sich selbst trösten – 8 effiziente Wege, wenn du alleine bist
Einen Menschen an der Seite zu haben, wenn es dir schlecht geht, ist wunderbar und wertvoll. Das hat nicht jeder und ist nicht in jedem Moment möglich. Deshalb ist es unglaublich wichtig, dass du auch weißt, wie du dir selbst ein guter Freund sein kannst. In Stunden, wo andere schlafen und niemand da ist, außer deiner Traurigkeit.
1. Akzeptiere deine Gefühle
Jeder von uns kennt das Gefühl mal traurig zu sein. Es gehört zu unserem Leben, wie die Freude; zwei Seiten einer Medaille. Wenn wir traurig sind, hat es immer seine Berechtigung: der Corona-Blues bis hin zum geplatzten Lebenstraum. Traurigkeit hat keine Regelzeit und braucht kein Argument.
Trauer ist ein Zeichen von Verlust. Du vermisst etwas, das dir wichtig ist, vielleicht ist es abhandengekommen oder dir weggebrochen. Ein erster Schritt beginnt damit, das erst einmal zu akzeptieren. Erlaube es dir, traurig zu sein, weine und atme. Atmen heißt, deinem Gefühl zuzustimmen, es zu akzeptieren. Hier findest du 20 Möglichkeiten, wie dir das besser gelingen kann.
2. Etabliere feste Zeiten für dein Gefühlschaos
Wenn du dazu neigst, dich in deinen Gefühlen zu verlieren, sodass sie den Tag überschatten, beginne Ausnahmen zu erschaffen: weine, tobe, jammere – alles darf da sein. Allerdings für eine begrenzte Zeit. Wende dich dann anderen Themen zu und finde so Ausnahmen zu dem Belastenden. Erledige etwas, denke an etwas anderes, zerstreue dich – alles hat seine Zeit. Wechsel bewusst in einen „sowohl-als-auch-Modus“. So nenne ich es, Ausnahmen mit intensiver „Fühl-Zeit“ abzuwechseln. So schenkst du deinen Gefühlen Raum, erlaubst ihnen jedoch gleichzeitig nicht, dich völlig zu beherrschen.
3. Komme ins hier und jetzt
Wenn du dich traurig fühlst, hat das immer etwas damit zu tun, woran du gerade denkst. Diese Gedanken beziehen sich auf Vergangenes oder auf Ängste in deiner Zukunft. Halte diese Zeitreise an. Bleibe in der Gegenwart. Im Hier und Jetzt. Atme und spüre den Boden. Werde dir bewusst (oder sage es laut vor dich hin), was du in diesem Moment siehst. So entkommst du deinem negativen Gedankenkonstrukt.
4. Kontrolliere deine Gedanken
Wir kommen noch einmal auf den Punkt „Gedanken“ – sie sind es, die dich traurig machen. Es sind Erinnerungen oder Befürchtungen. Sei dir bewusst, welche Macht deine Gedanken haben und wie du sie zähmst. Zu diesem Thema habe ich hier einen eigenen Artikel verfasst- finde hier Inspirationen. Du kannst deinem Kopf auch neue Ideen vorschlagen, die dir besser tun: gute Gedanken, aufhellende Gedanken, konzentriere dich auf das Positive. Gedanken sind weder wahr, noch unveränderter, nur, weil sie durch unsere Köpfe spuken.
5. Nutze eine Katastophenskala
Eine einfache Methode, um den Prozess der Katastrophenbewältigung im Keim zu ersticken, ist es, eine „Katastrophenskala“ zu erstellen.
So funktioniert es: Denke dir eine Skala aus, die von null bis 100 reicht – null ist die schönste, angenehmste Erfahrung, die du dir vorstellen kannst. 100 ist ein sehr großer Schrecken, den du dir ausmalen kannst. Eine Skala könnte von „mit meiner Mutter zur Tante fahren “ (2) – (ok, ich kenne deine Tante nicht) bis „Ich verliere meinen Job und mein Haus auf einen Schlag “ (90) reichen.
Wenn wir anfangen, auf diese Weise zu denken, erscheinen unsere alltäglichen „Katastrophen“ auf der Skala im Verhältnis.
6. Schreibe (d)ein Drama
Manchmal ist es hilfreich, maßlos zu übertreiben, um wieder ins passende Maß zu finden. Auch dafür habe ich eine Übung für dich: Schreibe oder erzähle deine aktuelle Geschichte in der 3. Person. In allen Facetten – mache dich selbst zum/zur Drama-Helden*in und übertreibe gerne dabei. Der entscheidende Trick dabei ist, dass wir durch den Austausch der 3. Peron mit uns selbst, die „ich-Formulierung“, eine psychologische Distanz zu uns selbst und dem Problem aufbauen.
Diese Basis- Technik wende ich in all meinen Arbeiten an, um sich aus emotionalen Ladungen zu befreien.
7. Führe ein Glücksbuch
Ich hoffe, das Wort „Glück“ klingt in diesem Zusammenhang nicht zynisch. Dennoch gibt es auch diese kleinen Funken von Glücksmomenten, auch, wenn wir traurig sind.
Halte sie fest: was hat dir dennoch heute Freude bereitet, was ist dir gelungen – bist du aufgestanden und hast dir die Zähne geputzt? Na also! Suche jeden Tag fünf angenehme Dinge in deinem Leben. Bitte halte nicht nach großen Glücksereignissen Ausschau. Oftmals sind die kleinen Dinge, die uns in dunklen Phasen nähren: die erste Tulpe, eine witzige Postkarte, sich zu pflegen…
8 Sei dir selbst ein Freund
Viele unter uns sind bemüht, sich ihrer Natur zu widersetzen: Sie halten ihre Tränen zurück und machen der Traurigkeit die Kampfansage. Manche beschimpfen sich selbst als „Looser“ oder bewerfen sich mit Parolen „jetzt stell dich nicht so an!“. Hm…, stelle dir vor, jemand würde so mit dir sprechen? Ich denke nicht, dass du das tust, nicht wahr?
Wende deine Empathie auf dich selbst an, wie es die Präriewühlmause tun (dazu gleich mehr). Wenn es dir nicht gut geht, ist es eine gute Zeit für heilsame Selbstgespräche. Für Tröstendes, Aufmunterndes, Lobendes und Stärkendes. Nicht immer haben wir einen Freud zur Hand. Wir können lernen, uns selbst einer zu sein.
Die zwei positiven Effekte des Tröstens
Abgesehen davon, dass wir als soziale Wesen eine wohlwollende Gemeinschaft brauchen, hat jede soziale, tröstende Handlung auch einen positiven Effekt auf uns selbst.
Das belegen die folgenden zwei Studien. Forscher fanden heraus, dass Anteilnahme eine positive Wirkung auf unsere Gesundheit hat: auf diejenigen, die Unterstützung erhalten und jene, die Unterstützung geben:
- Diese Auswirkungen haben Trost auf unser Gehirn (hier komme ich noch einmal auf die Präriemäuse zurück).
- Unterstützung empfangen und auch anderen geben, hat deutlich positve Effekte auf unsere psycho-soziale Gesundheit.
Wie gelingt es dir, dich selbst zu trösten? Ich freue mich auf deine ganz persönliche Strategie – gleich hier in den Kommentaren.
Nur Mut!
Deine Bea